Bekenntnis oder Politik, Piusbruderschaft?

(Teil 1) Als Priester tritt man immer wieder mit Menschen in Kontakt, die zwar auf die eine oder andere Weise zur Priesterbruderschaft St. Pius X. gehören und dort zur hl. Messe gehen, aber dennoch nicht wenig Kummer und Kopfschmerzen verspüren wegen des gegenwärtigen offiziellen Kurses dieser Gemeinschaft dem heutigen modernistischen Rom gegenüber. Besonders bereitet diesen Menschen große Sorge, dass da ja seit 2009 regelmäßig theologische Gespräche zwischen der Piusbruderschaft (PB) auf der einen und dem Vatikan auf der anderen Seite stattfinden, deren eigentlicher Zweck ja ausdrücklich in der Einordnung der PB in die “Konzilskirche” (sprich in der Einverleibung der PB durch das postkonziliare Rom!) besteht. Man führt ja da die Gespräche nicht einfach so, sondern ist bestrebt, eine wie auch immer geartete Übereinkunft, die Einbindung der PB in die Amtskirche, zu erzielen!
Ebenfalls hört man von diesen Gläubigen Klagen über die bei den PB-Priestern leider viel zu häufig anzutreffende Haltung des hochmütigen Klerikalismus und der persönlichen Überheblichkeit. Man verweigere den Gläubigen ruhige und sachliche Antworten auf solche kritische Fragen, welche deswegen nicht in das offizielle Konzept der PB gehören, weil sie die markanten Widersprüche der theologischen Haltung der PB berühren bzw. ansprechen. Statt dessen herrsche man da diese Menschen bisweilen sogar richtig an, sich überhaupt nicht mit solchen (eigentlich wichtigen, ja zentralen!) Fragen zu beschäftigen bzw. auseinanderzusetzen, und mache ihnen klar, das beste wäre, sie würden “gehorsam” und ohne irgendeine Frage zu stellen einfach der Linie der PB folgen.
1. Die Problematik der so genannten “una cum”-Messen. Und dann kommt von diesen besorgten Katholiken immer wieder auch die Frage, wie lang sie denn unter diesen persönlich doch ziemlich belastenden Umständen noch bei der PB zur hl. Messe gehen können, ja ob man da überhaupt noch hingehen dürfe. Man wolle ja schließlich die katholische Glaubenswahrheit voll bejahen und eben keine faulen Kompromisse mit dem von der Amtskirche propagierten verderblichen Modernismus eingehen!
Nun, in unserem Gewissen können wir den Besuch der hl. Messe bei der PB nicht empfehlen. Es geht hierbei nicht um die Frage der Gültigkeit, sondern um die der Legitimität, der kanonischen Erlaubtheit dieser Messen. Denn die katholische Kirche hat immer eingeschärft, dass ein Katholik nur dann einem hl. Messopfer beiwohnen und die hl. Sakramente empfangen darf, wenn sie nicht nur gültig, sondern auch erlaubt bzw. rechtmäßig sind, das heißt wenn sie unbedingt und ausdrücklich auch im Namen und im Auftrag der wahren katholischen Kirche dargebracht und gespendet werden!
Bei der PB stellt aber nicht nur der eine Punkt ein echtes Problem dar, dass sie nämlich sowohl die heutige offizielle “Konzilskirche” für die wahre und somit von Jesus Christus gestiftete katholischen Kirche hält, als auch die modernen und vom wahren christlich-katholischen Glauben häufig sogar gänzlich abgefallenen “Bischöfe” und “Päpste” als rechtmäßige katholische Autoritäten anerkennt. Nein, da kommt noch ein weiterer entscheidender Punkt hinzu: die PB fügt in ihren Messen im Kanon (der obigen Prämisse folgend) auch die betreffenden Namen der jeweiligen postkonziliaren “Päpste” und “Bischöfe” ein (wie es zu normalen Zeiten natürlich Vorschrift gewesen wäre). Damit bringt sie aber zum Ausdruck, dass sie ihre Messen eben in liturgischer und dogmatischer Gemeinschaft mit diesem betreffenden Personenkreis und der von ihm repräsentierten religiösen Gemeinschaft, der modernistischen “Konzilskirche”, zelebriert!
Wer nur ein bisschen die Kirchengeschichte bzw. die katholische Liturgik kennt, weiß, dass die Einfügung des Namens eines Papstes, Patriarchen, Metropoliten oder Bischofs nur das eine bedeutet - man stehe mit ihm in voller kirchlicher Union und praktiziere somit gegenseitig uneingeschränkt Sakramentsgemeinschaft untereinander! Sobald aber jemand aus diesem Kreis der höheren Hierarchen (der Repräsentanten der weltweiten Kirche nämlich oder einer Kirchenprovinz oder einer Diözese) in Häresie oder Schisma verfallen ist, strich man ihn praktisch sofort und automatisch aus der Liste derer, die im Kanon der hl. Messe Erwähnung fanden bzw. überhaupt finden durften. Mit einem Häretiker oder Schismatiker steht man ja in keiner Kirchenunion, ihn erwähnt man dann folgerichtig auch nicht im Kanon der hl. Messe.
Manchmal wird seitens einiger Gläubigen die Behauptung aufgestellt, mit der Erwähnung des Namens eines Benedikt XVI. und des betreffenden Diözesanbischofs wolle man ja nur für diese beten, damit sie sich etwa bekehrten, zur Tradition zurückkehren oder ähnliches. Nun, diese Interpretation erweist sich als ziemlich unzutreffend bzw. ganz falsch, vor allem wenn man den Text des betreffenden Kanongebetes Te igitur (die korrekte Übersetzung aus dem Lateinischen) ganz genau untersucht und dabei auch gewissenhaft auf die Originalinterpunktion achtet: “Dich, gütigster Vater, bitten wir demütig und flehen zu Dir durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Herrn, dass Du wohlgefällig annimmst und segnest diese ✠ Gaben, diese ✠ Geschenke, diese ✠ heiligen, makellosen Opfergaben, welche wir Dir darbringen vor allem für Deine hl. katholische Kirche: welcher Du den Frieden schenken, sie behüten, einigen und leiten mögest auf dem ganzen Erdkreis: in Gemeinschaft mit Deinem Diener, unserem Papst N. und unserem Bischof N. und allen Rechtgläubigen und allen, die den katholischen und apostolischen Glauben fördern”.
Der Priester bringt also das Opfer dar “für Deine hl. katholische Kirche”. Dann folgt ein Nebensatz, der sich auf dieses Substantiv “Kirche” bezieht (“welcher Du den Frieden schenken, sie behüten, einigen und leiten mögest auf dem ganzen Erdkreis”), wonach die in diesem Satzteil beschriebene Haupthandlung fortgesetzt wird. Dabei erweist sich die folgende Erläuterung “in Gemeinschaft mit...” nur als inhaltliche Ergänzung zur Haupthandlung im Satz: “Opfergaben, welche wir Dir darbringen...”. Also bringt der Priester das Opfer an sich immer in ganzheitlicher kirchlicher und somit dogmatisch-liturgischer (!) Gemeinschaft mit den an dieser Stelle des Kanons ganz konkret genannten kirchlichen Oberen dar.
Indem also die Priester der PB ihre Messen “in Gemeinschaft mit Deinem Diener, unserem Papst Benedikt und unserem Bischof N. (der jeweilige Name)” zelebrieren, lassen sie sowohl erkennen, dass sie die dabei erwähnten Personen zu ihren eigentlichen rechtmäßigen kirchlichen Vorgesetzten zählen, als auch durchblicken, dass sie ihre Messen eben im kirchlichen Auftrag und in der kanonischen Legitimation dieser modernistischen “Päpste” und “Bischöfe” feiern - das heißt im Namen und in der Sendung der Anti-Kirche (welche ja als solche dazu da ist, um die wahre katholische Kirche zu vernichten)!
■ Diese liturgische Praxis der PB ist auch unter dem folgenden Gesichtspunkt sowohl unverständlich als auch höchst widersprüchlich, da es doch an der betreffenden Stelle des Kanontextes abschließend ausdrücklich heißt: “in Gemeinschaft mit ... und allen Rechtgläubigen und allen, die den katholischen und apostolischen Glauben fördern”. Also besteht zwischen dem zelebrierenden Priester, dem aktuell regierenden (rechtmäßigen katholischen!) Papst, dem aktuell regierenden (rechtmäßigen katholischen!) Diözesanbischof und allen anderen Gläubigen, denen der heilige katholische und apostolische Glaube zutiefst an Herzen liegt und die für ihn eintreten, ein solches geistiges Band, welches im wahren Glauben gründet und alle rechtgläubigen Glieder der Kirche Jesu Christi, der katholischen Kirche, eint und bindet!
Kann aber wirklich gesagt werden, dass zum Beispiel Benedikt XVI. in allen wesentlichen Glaubensfragen sowohl rechtgläubig ist als auch den von den Aposteln über alle Jahrhunderte hindurch überlieferten katholischen Glauben uneingeschränkt bejaht und dann auch noch aktiv fördert? Also liegt es doch in der Natur der Sache, dass er und seine “Amtsvorgänger”, die zum Beispiel das häretische 2. Vatikanische Konzil einberufen, approbiert und gutgeheißen haben oder auch heute noch in Schutz nehmen und verherrlichen, die den Novus Ordo Missae (die “neue Messe”) als katholisch (und den so genannten “ordentlichen Ritus”) darstellen und täglich zelebrieren, wohl kaum als rechtgläubig und als Förderer des überlieferten katholischen Glaubens angesehen werden können.
Bei diesen Überlegungen ist es nicht entscheidend, ob zwischen der PB und der “Konzilskirche” tatsächlich in allen dogmatischen, liturgischen und moraltheologischen Bereichen eine inhaltliche Übereinstimmung vorliegt oder nicht, ob zwischen diesen beiden Parteien wirklich eine echte kirchliche Union besteht oder ob sie sich unter Umständen vielleicht sogar sozusagen bis aufs Blut bekämpfen. Entscheidend ist hier, in wessen Namen und Auftrag lasse denn die PB ihre Messen offiziell zelebrieren! Und das wird unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: “in Gemeinschaft mit Deinem Diener, unserem Papst Benedikt und unserem Bischof N.”, womit natürlich auch das hinter ihnen stehende kirchliche Gesamtgebilde gemeint wird.
Dabei ist es ebenfalls nicht von entscheidender Bedeutung, was und wie der einzelne Gläubige, der diesen Messen beiwohnt, denkt, welche Absichten er erweckt, mit wem er in kirchlicher Union stehen möchte oder nicht. Der Zelebrant ist immer der am Altar stehende Priester (nicht der einzelne Gläubige) - allein mit den vom zelebrierenden Priester ausgesprochenen liturgischen Gebeten wird dann auch eindeutig und offiziell bestimmt, wessen kirchliche Autorität dieser Priester liturgisch anerkennt, in wessen Namen und somit Auftrag er das hl. Opfer darbringt.
■ Nun ist es aber doch wohl jedem echten Katholiken klar, dass sich ja nur die katholische Kirche (aller Jahrhunderte) in der legitimen Nachfolge der Apostel befindet. Somit besitzt auch nur sie den Missionsauftrag (welchen Jesus ihr nämlich durch den an die Apostel ergangenen Missionsbefehl übertrug), Sein Heilswirken vor allem durch das Spenden der Sakramente und die Darbringung des hl. Messopfers fortzusetzen.
Unter diesen Voraussetzungen kann und darf dann aber die hl. Messe rechtmäßig nur im Namen und im Auftrag der wahren katholischen Kirche (die auch im Fall des neuzeitlichen modernistischen Glaubensabfalls des “Konzilskirche” Ross und Reiter klar und unmissverständlich beim Namen nennt) gefeiert werden. Wenn aber die PB ihre Messen ausdrücklich im Namen und im Auftrag des modernistischen Rom zelebriert, dann kann und darf dieser äußerst bedauernswerte Umstand (der Messen “una cum Papa nostro Benedicto...”) auch für einen jeden Katholiken nicht ohne entsprechende Folgen bleiben. Denn wenn ein Katholik sowohl Jesus Christus, den göttlichen Erlöser, als auch die von Ihm gestiftete Kirche aufrichtig liebt, dann kann und darf er unter anderem auch nicht willens sein, irgendwelche Kompromisse mit der “Konzilskirche” eines Benedikt XVI. einzugehen bzw. diese überhaupt zu suchen oder ernsthaft in Erwägung zu ziehen!
Daher können wir nicht den Besuch der Messen bei der PB empfehlen, sondern müssen davon auf der Grundlage und unter Berücksichtigung der überlieferten kirchlichen Lehre leider sogar ausdrücklich abraten. Denn wenn die hl. Messe insofern in ihrer Heiligkeit befleckt wird, dass sie zwar gültig aber letztendlich doch nicht in der Beauftragung der wahren katholischen Kirche zelebriert wird (sondern ihren Auftrag von einer Gemeinschaft ableitet, welche sich durch eigene weitestgehende modernistische “Reformen” sogar ausdrücklich gegen diese reine Braut Christi aufgestellt hat), dann darf man als ein überzeugter Katholik, der seine Kirche liebt, konsequenterweise auch nicht (aktiv) daran teilnehmen. Denn dieser Fragekomplex geht eindeutig über den Bereich des rein Persönlichen oder Privaten hinaus - er berührt die grundsätzliche Frage, ob und wie man sich nämlich in der gegenwärtigen kirchlichen Krise als ein überzeugter Katholik bewähren will bzw. erweisen soll!
Man vergesse dabei bitte auch nicht, dass sich die PB auch sonst gern unter den Schirm der offiziellen Amtskirche stellt. So wird von ihren offiziellen Vertretern seit ungefähr 2 Jahren in verstärkter Form nimmermüde behauptet, sie wollten unbedingt und würden auch tatsächlich zur Gemeinschaft eines Joseph Ratzinger, sprich zur postkonziliaren “Kirche”, dazugehören. Und immer wieder hört man, dass die Priester der PB ihren Gläubigen den Besuch einer “neuen Messe” nicht nur gestatten, sondern bisweilen sogar empfehlen (!), sollten diese nicht an einem überlieferten Messopfer teilnehmen können.
So hängt auch in den Prioraten der Piusbruderschaft das Bild von Benedikt XVI. aus, womit ebenfalls unmissverständlich nahegelegt wird, unter welchem Dienstherr man dienen möchte bzw. unter wessen Schirmherrschaft man auch tatsächlich stehe! Es gibt nämlich ganz klare kirchliche Prinzipien, die auch für die PB gelten, bzw. auf dem kanonischen Recht und den allgemeinen Lehrgrundsätzen basierende Schlussfolgerungen, denen auch sie sich nicht entziehen kann!

(Fortsetzung folgt)

P. Eugen Rissling

 

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